Stand Vertragsverletzungsverfahren zu modelo 720

Anlässlich meines vorangehenden Posts sei mal wieder gefragt, was die europäische Kommission im Vertragsverletzungsverfahren zum modelo 720 in den letzen Jahren so getrieben hat.

Zur Erinnerung: Die Kommission ist der Auffassung, die horrenden Strafen im Zuammenhang mit dieser Auslandsvermögenserklärung (modelo 720) könnten gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Erstmalig abzugeben war das modelo 720 Anfang 2013 für 2012. Eröffnet wurde das Vertragsverletzungsverfahren dann im November 2015 und erst am 15.2.2017 hat die Kommission Spanien in einer begündete Stellungnahme aufgefordert, seine Vorschriften innerhalb von zwei Monaten anzupassen.

Passiert ist seit dem: Nichts!

Laut Pressesprecher der Kommission befindet sich diese aber „in einem regelmäßigen Dialog mit den spanischen Behörden, um die in der genannten begründeten Stellungnahme von 2017 genannten Probleme zu lösen und wird im geeigneten Moment über die nächsten Schritte im Vertragsverletzungsverfahren entscheiden“ (Printversion der Zeitung Expansión vom 4.12.2018, Seite 16).

Inzwischen strickt Spanien munter weiter an seinem modelo 720 . Die letzte Gesetzesinitiative (siehe meinen vorangehenden Post von heute) wäre doch gut geeignet, auch die Sanktionen endlich europarechtskonform zu regeln. Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder vor dem nächsten 31. März. Andernfalls wäre das doch ein wirklich bestens „geeigneter Momant“ für die Kommission, mal wieder tätig zu werden.

Wer das europäische Vertragsverletzungsverfahren selbst mitverfolgen möchte, kann dies auf dieser amtlichen Seite tun.

Anwaltskammer muss keine Verfahrensdaten an Finanzamt herausgeben

Die spansichen Rechtsanwaltskammern müssen dem Finanzamt nicht für die gesamte (!) Anwaltschaft mitteilen, welche Anwälte in den Jahren 2014 bis 2016 an welchen Gerichtsverfahren mit welchen Streitewerten etc. teilgenommen haben.

Dies hat der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo, Sala 3) lau, Pressemitteilung vom 16.11.18  entschieden (Urteil wird hier demnächst verlinkt).

Hintergrund war ein entsprechendes, lediglich auf sog. planes de control tributario gestütztes Verlangen der spanischen Agencia Tributaria (AEAT).  Mit diesem Instrument steuert / plant die AEAT in welchen Bereichen und unter welchen Voraussetzung verstärkt Steuern geprüft werden sollen. Der aktuellen Plan für 2018 ist z.B. hier zu finden.

Continue reading „Anwaltskammer muss keine Verfahrensdaten an Finanzamt herausgeben“

Aktuell: EU leitet Verfahren wegen modelo 720 ein

Mit Beschluss vom 19.11.2015 hat die Europäische Kommission Spanien nunmehr aufgefordert, innerhalb von 2 Monaten Stellung zu den Vorwürfen der Europarechtswidrigkeit der spanischen Deklarierung von Auslandsvermögen (modelo 720) zu nehmen.

Damit ist nun endlich ein europäisches Vertagsverletzungsverfahren formell eingeleitet worden. Verfolgen lässt es sich bei der Kommission unter der Referenz 2014/4330.

 

Aktuell: Erste Stellungnahme der EU-Kommission zum modelo 720

Entgegen anders lautenden Gerüchten hat die EU-Kommission momentan noch kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien im Zusammenhang mit dem modelo 720 eingeleitet.

Ihr liegen aber bereits eine Reihe von Anzeigen vor, zu denen sie gemeinsam mit einem unter dem Namen Pilot 5652/13/TAXU bekannt gewordenen Schreiben Stellung genommen hat. Folgender Link enthält eine Kopie des Schreiben, welches die spanischen Steuerberatervereinigung AEDAF erhalten hat: Pilot 5652/13/TAXU.

Von den vielen Argumenten, die gegen die Vereinbarkeit des modelo 720 mit europäischem Recht ins Feld geführt werden, wird die Kommission wohl nur zwei weiterverfolgen:

1. Einerseits, dass die Sanktionen die Kapitalverkehrsfreiheit einschränken könnten, wenn sich herausstellt, dass ihre Anwendung in der Praxis eine systematische, unverhältnismäßig hohe Bestrafung von weniger schwerwiegenden Fällen ohne wirtschaftlichen Schaden bedeutet, was sich aber erst noch zeigen müsse.

Wörtlich behauptet die Kommission, „keinerlei Kenntnis davon zu haben, (…), dass die Verwaltungspraxis systematisch eine rigorose Bestrafung aller kleineren Verstöße im Zusammenhang mit der Deklarierung mit sich bringt, selbst wenn sich keine Auswirkungen auf die Steuerschuld (…) ergibt.“ Deshalb bittet sie Betroffene sogar ausdrücklich, entsprechende Sachverhalte mitzuteilen.

Mir persönlich ist absolut rätselhaft, welche Zweifel an einer systematischen, rigorosen Bestrafung von Bagatellen ohne jeden wirtschaftlichen Schaden für den Fiskus noch bestehen können, soweit es um die Sanktionierung mit 100 € pro Vermögenselement, zugleich 1.500 € Mindestsanktion pro Kategorie für die freiwillige, wenngleich verspätete Abgabe des modelo 720 geht, bei der sich das Bußgeld für zwei ehrliche, aber einen Tick zu langsame Eheleute mit einem gemeinsamen und immer korrekt versteuertem Standardwertpapierdepot leicht auf 10.000 € summiert. Hierbei sehen die Sanktionsnormen keinerlei Ermessensspielraum vor, der in der „Verwaltungspraxis“ irgendeine Linderung bringen könnte. Die Praxis steht damit schon jetzt fest. Dass die Verspätung keinerlei Auswirkungen auf die Steuerschuld hat, ergibt sich schon daraus, dass es sich beim modelo 720 um eine rein informatorische Erklärung handelt. Bei der bloßen Verspätung wird auch nichts versteckt, also etwa potentiell der Besteuerung entzogen. Im Gegenteil, die Besteuerung wird erleichtert, was eigentlich belohnt werden sollte.

2. Andererseits meldet die EU-Kommission Bedenken hinsichtlich der Unverjährbarkeit im Zusammenhang mit den sog. „ungerechtfertigten Vermögensgewinnen“ aufgrund ausländischen, nicht oder nicht fristgerecht deklarierten Auslandsvermögens an. Jedoch auch hier, nicht ohne den einschränkenden Hinweis, dass eine gewisse Ungleichbehandlung bei ausländischem Vermögen durchaus gerechtfertigt sein kann.

Hierführ hätten wir das EU-Recht wohl nicht gebraucht: Dass es bei der faktischen Unverjährbarkeit nicht mit rechten Dingen zugehen kann, liegt schon nach spanischem Vefassungsrecht auf der Hand (Stichwort Rechtssicherheit). Und wenn wir schon Verfassungsprinzipien bemühen, dann dürfte das Verbot der echten Rückwirkung das einfachere Argument sein, soweit Vermögen betroffen ist, hinsichtlich dessen Erwerb die Verjährung nach einst geltendem Recht bereits voll erlangt worden war.

Im Ergebnis klingen die ersten offiziellen Verlautbarungen der EU zum modelo 720 eher enttäuschend. Vielleicht sollten die Betroffenen doch mehr Hoffnung in das spanische Verfassungsgericht setzen. Dieses kennt seine „Pappenheimer“ (das „ministerio de hacienda“) schließlich und sieht hoffentlich gleich, wo der Haase langläuft: Abschreckung mit unverhältismäßig hohen (d.h. unzulässigen) Sanktionen, mit dem (lobenswerten) Ziel, schwarze Vermögen ans Licht zu bringen; aber mit dem gesetzestechnischen Mangel, bei den speziellen Sanktionen versteuertes und unversteuertes Vermögen über einen Kamm zu scheren; und mit der Nebenwirkung, an Auslandsvermögen so hohe und schwer zu erfüllende formelle Anforderungen zu stellen, dass man schon lebensmüde sein muss, sein Kapital nicht in Spanien anzulegen, worin die Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit liegt, soweit  in der EU angelegtes Vermögen betroffen ist.

Aktuell: Erste Sanktionen wegen verspäteter Deklarierung des Auslandsvermögens

Die ersten Mandanten, die ihr Auslandsvermögen zwar deklariert, das sog. modelo 720 aber nicht „fristgerecht“ eingereicht haben, haben Anhörungsschreiben erhalten, in denen das spanische Finanzamt ihnen 100 € pro verspätet deklariertes Vermögenselement ankündigt. Mann stelle sich das nur mal vor, bei einem normalen Wertpapierdepot mit nur 50 Titeln, zum Teil sogar denselben, aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworben, kommen da schon 5.000 € an Bußgeldern zusammen. Wenn dann die Ehefrau noch Mitinhaberin oder Bevollmächtige des Depots war, soll es schon das Doppelte sein.

Hätten die Mandanten überhaupt kein modelo 720 abgegeben, betrüge die Sanktion jetzt 250.000 €, für beide Eheleute zusammen sogar eine halbe Million Euro (5.000 € pro Element). Kaum vorstellbar, dass eine solches Bußgeld vor Gericht bestand hat, zumal wenn das Vermögen selbst in Einzelfällen nur ca. 50.000 € zu betragen braucht (Stichwort Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Leistungsfähigkeitsprinzip).

Aber auch die „kleine“ Sanktion erscheint schon unverhältnismäßig hoch. Gute Argumente gibt es m.E. ferner gegen die Zählweise mehrer gleichartiger Wertpapiere und schließlich liegt die erste Stellungnahme der Europäischen Kommission  zur Vereinbarkeit des modelo 720 u.a. mit der Kapitalverkehrsfreiheit vor, die hoffen lässt.

Der Wortlaut der Gesetzesgrundlage ist allerdings eindeutig, Ermessensspielraum besteht keiner. Die Betroffenen müssen sich damit auf eine lange gerichtliche Auseinandersetzung einstellen.

Nicht zu verwechseln ist vorliegende Sanktion übrigens mit den berühmten 150%, die momentan durch die Presse geistern und von denen die Finanzverwaltung angeblich Abstand nehmen will. Diese Sanktion iHv 150% der fälligen Steuernachzahlung fiele zusätzlich zur vorliegenden an, wenn sich herausstellte, dass das nicht oder verspätet deklarierte Auslandsvermögen aus nicht versteuertem Einkommen herrührte.

 

FAQ: Können deutsche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von der spanischen Einkommensteuer (IRPF) abgesetzt werden?

Leider nein! Insbesondere deutsche Rentner in Spanien beklagen sich über dieses Ergebnis:

Während jene, die nur eine spanische Rente beziehen, in aller Regel in der spanischen seguridad social versichert sind, ohne Beiträge leisten zu müssen, müssen Bezieher einer lediglich deutschen Rente Beiträge in das deutsche Krankenversicherungssystem zahlen, selbst wenn sie ihren Lebensabend in Spanien verbringen. Trotzdem müssen sie letzterenfalls ihre volle Rente (brutto) in Spanien versteuern, ohne die Beiträge für Pflege- und Krankenversicherung abziehen zu können.

Was europarechtlich vielleicht fragwürdig erscheint, sieht das spanische Finanzamt völlig unproblematisch. So argumentiert es in der Auskunft (consulta vinculante) V3180-13, vom Arbeitseinkommen (hierzu zählt auch die Rente) seien lediglich die in Art. 19.2 a) – e) LIRPF genannten Kosten abziehbar, zu denen die Beiträge zu den gennanten deutschen Pflichtversicherungen jedenfalls nicht zählen.

Wörtlich heißt es in der genannten amtlichen Auskunft vom 28.10.2013:

„… cabe señalar que los pagos que se realizan por parte de la consultante en concepto de Seguro de Enfermedad Obligatorio y Seguro de Asistencia Social de acuerdo a la legislación alemana, no tienen la consideración de gasto deducible de los rendimientos íntegros del trabajo.“

 

Aktuell: Vergütung von Gesellschafterdienstleistungen sind Arbeitseinkommen; Ausnahme: Freie Berufe

Nach der Neufassung von Art. 27.1 LIRPF hat die spansiche Finanzdirektion (DGT) klargestellt, wie die Vergütungen zu qualifizieren sind, die Gesellschafter für Dienstleistungen erhalten, die sie an ihre Gesellschaft erbringe.
Grundsätzlich handelt es sich um Arbeitseinkommen (rendimientos de trabajo) iSv Art. 17.1 LIRPF, weshalb die Vergütung auch keiner Mehrwertsteuer (IVA) oder Gewerbesteuer (IAE) unterliegt (vgl. Consulta V1147-15)
Einen Sonderfall stellen Gesellschaften dar, die Leistungen freier Berufe zum Gegenstand haben (sociedades profesionale).
Hier stellen diese Vergütungen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit iSv Art. 27.1 LIRPF dar (actividades económicas), selbst soweit es sich um Managementaufgaben für die Gesellschaft und nicht nur Berufsleistungen gegenüber deren Kunden handelt.
Hinsichtlich der Mehrwert- und Gewerbesteuer (IVA bzw. IAE) kommt es dann darauf an, ob der Gesellschafter die Tätigkeit unabhängig, dann ja, oder im Rahmen der Gesellschaftsorganisation, dann nein, ausübt (vgl. Consulta V1148-15).

 

Aktuell: Neue Regeln für „europäische“ Erbschaften

Erblasser, die ab dem 17. August 2015 versterben, werden nach Vorschriften der neuen Europäischen Erbrechtsverordnung (VO (EU( 650/2012) beerbt.

Diese enthält zwar keine eigenen Erbrechtsvorschriften, regelt aber europaweit einheitlich, die Gesetze welchen Landes – sogar Nicht-EU-Landes – auf die Erbschaft anwendbar sind.

Wer als Deutscher seinen Ruhestand in Spanien verlebt, kann ohne sein Zutun plötzlich nach spanischem Recht beerbt werden. Bestehende, grundsätzlich auch weiterhin wirksame Testamente sollten sie daher dringend auf eine geeignete Rechtswahl überprüfen und gegebenenfalls anpassen lassen.

Lesen Sie mehr zum Thema auf meiner Infoseite: Überblick zur EU-Erbrechtsverordnung

FAQ: Besteuerung von Gewinnen aus Immobilienverkäufen (und Schenkungen !)

Wer eine Immobilie für einen höheren Preis verkauft (Übertragungswert / valor de transmisión) als er seinerzeit selbst für die Immobilie bezahlt hat (Erwerbswert / valor de adquisición) erzielt einen Veräußerungsgewinn, auf den er Einkommenssteuer (IRPF) oder ggf. Nichtresidentensteuer (IRNR) in Spanien zu zahlen hat.

Anders als in Deutschland, wo EStG 23 (1) 1 solche Gewinne aus mehr als zehn Jahre gehaltenen Immobilien von der Besteuerung als sog. private Veräußerungsgeschäfte ausnimmt, exisitiert in Spanien keine vergleichbare Spekulationsfrist (mehr).

Was viele nicht wissen ist, dass diese Steuer auch bei Schenkungen anfällt. Auch der Schenker (!) hat Einkommens- bzw. Nichtresidentensteuer auf den theoretischen Gewinn zu zahlen, der sich in diesem Fall  aus der Differenz zwischen dem in der Schenkungsurkunde angegebenen Verkehrswert und dem seinerzeit deklarierten Erwerbswert ergibt (sog. ganancia patrimonial oder plusvalía del donante).

Zu den Neuigkeiten in 2015 gehört, dass die Erwerbswerte bei der Gewinnermittlung nicht mehr aktualisiert werden und dass die Minderung der vor dem 20.1.2006 entstandenen Gewinne neuen Einschränkungen unterliegt.

Berechnen Sie die genaue Nichtresidentensteuer auf Immobilienveräußerungen mit folgendem Online-Rechner.

FAQ: Ist das Auslandsvermögen jedes Jahr aufs Neue zu deklarieren (modelo 720)?

Antwort: Nicht immer, aber häufig.

Vereinfacht gesagt, ist die Erklärung immer dann erneut abzugeben, wenn sich der Saldo in einer der drei Kategorien (Konten, Wertpapiere/Versicherungen oder Immobilien) um mehr als 20.000 € erhöht hat (als das Auslandsvermögen entsprechend gewachsen ist) oder wenn einzelne Vermögenspositionen beendet (z.B. ein Konto aufgelöst oder eine Aktien verkauft) wurden.

Aber Achtung: Es reicht nicht, einfach seine Bank zu fragen, um vieviel das Depot im letzten Jahr gewachsen ist. Zu vergleichen sind die Salden aus den richtigen Jahren, nähmlich die des laufenden mit denen des zuletzt deklarierten Jahres.

Lesen Sie weiter auf meiner Infoseite: Die spanische Informationserklärung über Auslandsvermögen (modelo 720)